Am Mittwoch, den 30. Januar 2019, besuchten die achten Klassen eine Aufführung im Alten Saal des Stadttheaters Heidelberg. Wolfgang Herrndorfs „Tschick" begeistert seit 2010 nicht nur die Literaturwelt, sondern hat spätestens nach verschiedenen Auszeichnungen wie dem Heidelberger Clemens-Brentano-Preis sowohl den Einzug ins Kino als auch auf die Bühnen verschiedener Theater geschafft.
Maik Klingenberg will die Sommerferien allein am Pool der elterlichen Villa verbringen. Doch nachdem sein neuer Mitschüler, Andrej Tschichatschow (Tschick), mit einem geklauten Wagen aufkreuzt, beginnt für die beiden Jugendlichen eine unvergessliche Reise ohne Karte, Kompass und Mobiltelefon durch die ostdeutsche Provinz. Viele Stellen des Jugendromans, der gerade im Deutschunterricht behandelt wird, sorgten bei den Achtklässlern im Voraus für spannende Fragen: Werden die auf der Bühne wirklich alles zeigen? – Die Sorge vor anstößigen Szenen. Nutzen die Schauspieler auch dieselbe Wortwahl wie im Roman? – Die Scham vor teils derben Beleidigungen. Wie stellt man wohl einen Roadtrip mit diversen Unfällen auf der Bühne dar? – Die Bange vor zwangsläufigen Abweichungen von der Textvorlage.
Lediglich drei Schauspieler rund um Regisseurin Susanne Schmelcher sorgten für eine sehr kreative Inszenierung, die von sekundenschnellen Rollenwechseln, musikalischen Showeinlagen und vielen erzählerischen Momenten des Protagonisten Maik Klingenberg geprägt war. Zahlreiche Reiseepisoden der beiden Jugendlichen wurden in einem würfelförmigen Holzgestell mit weißer Leinwand und überwiegend simplen Requisiten äußerst textnah zum Leben erweckt, sodass die Einfachheit der Darstellung eine inhaltliche Reflexion in den Vordergrund rückte. Spätestens die lebensgroßen Schweine, die bei einem Autounfall von der Decke auf die Bühne plotzten, waren ein Wachrüttler im retardierenden Moment. Besonders eindrucksvoll war die Schlussszene, in der Maik und Mama Klingenberg ihren Emotionen freien Lauf lassen konnten, indem sie rockstarartig das komplette Bühnenbild niederrissen, um die Scherben ihres Familienlebens zu visualisieren.
Neben all diesen komischen, überspitzten Momenten transportierte das Stück tiefergehende Elemente des Erwachsenwerdens. So vermittelte die vermeintliche Reise in die Walachei einen Selbstfindungsprozess zweier Außenseiter. Bedeutende Themenfelder, die während des Trips problematisiert wurden, waren Familie, Schule, Entwicklung, Freundschaft, Partnerschaft, Sexualität, Einsamkeit sowie Abenteuersehnsucht, und diese konfrontierten die Achtklässler mit persönlich relevanten Aspekten des alltäglichen Lebens.
Der Theaterbesuch wurde überwiegend positiv aufgenommen und bestärkte die beiden Klassen im eigenen Selbstfindungsprozess. Dennoch hätten sich die Schülerinnen und Schüler auch abweichende Inszenierungen vorstellen können, über die einige auf dem Heimweg noch diskutierten.